Einsatz von Etschel&Meyer in den 1930er-Jahren: 345 m tiefe Bohrung in der Stadt Bayreuth © Etschel
11. Juli 2019

100 Jahre Etschel: Vom Brunnenbau bis zur Ausrüstung von Kläranlagen

Brunnen abteufen, mit Unterwasserpumpen und Zubehör ausstatten, regenerieren, Abwasserpumpen herstellen sowie Kläranlagen ausrüsten: Die Geschichte der Hofer Unternehmerfamilie Etschel dreht sich seit 100 Jahren um die Wasserwirtschaft. Unter dem Motto „100 Jahre im Dienste der Wasserwirtschaft“ beging die Familie mit 100 geladenen Gästen anlässlich des DVGW-Wassertreffs in Hof im Mai ihr Jubiläum. Auch wenn sich das ein oder andere Geschäftsfeld gewandelt hat oder Firmenteile verkauft wurden, ist das Unternehmen mit Gerhard Etschel, dem Urgroßenkel des Firmengründers, und der Etschel Brunnenservice GmbH nach wie vor am Markt aktiv.

„Unsere Firmengeschichte war bewegt und geprägt von unternehmerischen Entscheidungen“, sagte Etschel anlässlich der Jubiläumsfeier zum 100. Jahrestag der Firmengründung der Etschel&Meyer Tiefbohrunternehmung (E&M) in Hof. Ende des Jahres 1918 habe sein Urgroßvater Christian Etschel zusammen mit seinem damaligen Geschäftspartner Karl Meyer in einem Wirtshaus die Idee gehabt, ein Brunnenbauunternehmen zu gründen. Im Jahr 1919 wurde aus der Idee Realität.

 

Bohrauftrag am Sylvensteinstausee sichert Überleben nach Kriegsjahren

1928 stieg Karl Meyer als Gesellschafter wieder aus, blieb aber noch bis 1934 beschäftigt. Stück für Stück wuchs der Betrieb – bis das Geschäft zum Ende des zweiten Weltkrieges einen jähen Dämpfer erhielt. Die Firma wurde fast gänzlich enteignet, denn 85 von insgesamt 90 Bohrgeräten, nämlich jene, die im Ausland Brunnen bohrten, gingen verloren. „Wieder war unternehmerische Risikobereitschaft gefordert“, so der stellvertretende Präsident des LFU Bayern Dr. Richard Fackler in seiner Laudatio zum Festabend.

Ein mehrjähriger Bohrauftrag zur Erkundung der Machbarkeit des Sylvensteinstausee sicherte das Überleben. Mit der Währungsreform kam der Aufschwung. 1949 folgte die Gründung der Etschel&Meyer Unterwasserpumpen GmbH (EMU), die sich im Laufe der Jahrzehnte auf die Herstellung von Unterwasserpumpen, Abwasserpumpen, Kläranlagenausrüstung und Anlagenbau spezialisierte.

Im Zuge der Ölkrise in den 1970er-Jahren war E&M gezwungen Auslandsmärkte für den Brunnenbau in Afrika zu erschließen. EMU meisterte die Krise ohne Probleme. In den 1990er-Jahren folgte eine rasante Expansion beider Firmen, bedingt durch die Grenzöffnung, aber auch durch den Ausbau des internationalen Geschäftes. „Zum 75-jährigen Jubiläum im Jahr 1994 zählte die Etschel-Gruppe rund 900 Mitarbeiter und avancierte damit zum zweitgrößten Arbeitgeber der Stadt Hof“, so Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner anlässlich des Jubiläums.

 

Starker Wettbewerb um neue Märkte

Erst 2003 und 2007 warteten wieder größere Veränderungen und Herausforderungen auf das mittlerweile in dritter und vierter Generation familiengeführte Management. Ende der 1990er-Jahre habe ein starker Wettbewerb um neue Märkte begonnen, erinnert sich Etschel, der damals noch Geschäftsführer von EMU war. Mit Ländern wie Russland, Brasilien, China oder Vietnam, die immer stärker wuchsen.

Um dort den Marktausbau voranzutreiben, hätte es enormer Anstrengungen für das Unternehmen bedurft. „ Als schuldenfreier Familienbetrieb und bei der durch Basel 2 veränderten Bankenlandschaft überlegt man sich alle Optionen schon sehr genau“, erklärt er den folgenden Verkauf des Unternehmensteils an den Pumpenhersteller WILO. Wie er betont, „auch ein deutscher Familienbetrieb mit langer Tradition“.

2007 dann gliederten Gerhard Etschel und sein mittlerweile verstorbener Bruder Rainer die Dienstleistungen zur Brunneninstandhaltung der E+M in die Etschel Brunnenservice GmbH (ETBS) aus. E+M, das von ihrem Cousin Christian Etschel zusammen mit einem Fremdgesellschafter fortgeführt wurde, ging 2013 insolvent. „Das Geschäft mit dem Brunnenbau war hart umkämpft und ist obendrein sehr riskant“, erklärt Gerhard Etschel. Seit Gründung hatte E+M rund 25.000 Brunnen niedergebracht. Deutschlandweit war man damit einer der Marktführer.

Seither konzentriert sich das mittlerweile in vierter und fünfter Generation inhabergeführte Unternehmen auf die Untersuchung, Instandhaltung und Regenerierung bestehender Brunnen bis zu einer Tiefe von 750 Meter. Je nach geologischen Verhältnissen und der zugehörigen Wasserqualität lagern sich u. a. Eisen, Mangan oder Kalk unterschiedlich schnell und unterschiedlich stark im Brunnen ab und führen somit zu einem schleichenden Leistungsabfall.

 

Entwicklung von JET Master und MAXINOZ

Schon Anfang der 1990er-Jahre entwickelten die Hofer ein rein mechanisches Verfahren zur Brunnenregenerierung (JET Master) weiter, das mithilfe von Druckwellenimpulsen mit Wasserhochdruck die Ablagerungen im Brunnen tiefenwirksam und damit sehr nachhaltig löst – ohne den Einsatz von Chemie. Das zugehörige Düsenrotationsaggregat haben die Brüder Etschel in den letzten Jahren weiterentwickelt und in vielen Ländern patentieren lassen. Unter dem Namen MAXINOZ wurde es jahrelang erprobt und seit Patenterteilung in den Markt eingeführt. Damit plant die Familie mittelfristig weitere Expansion, wobei man nach Unternehmensangaben mit rund 11.000 regenerierten Brunnen heute schon deutschlandweit zu den Marktführern zählt und in einigen Exportmärkten tätig ist. In Großbritannien hat das Unternehmen bereits einen Lizenznehmer für seine Technik, in Skandinavien arbeitet man mit einem Partner exklusiv zusammen, aber auch in den asiatischen Raum hat man schon Anlagen geliefert.

Die deutschen Regelwerke (DVGW) sind weltweit gesehen auf höchstem Niveau. „Dieser ‚Made in Germany-Vorteil‘ hilft uns sehr“, führt Etschel weiter aus und betont, „auch der nordamerikanische Markt ist interessant“. Dorthin könnte die nächste Reise für das mittlerweile in Planegg bei München ansässige Unternehmen gehen.

 

Präsentation zum Wassertreff Hof (PDF)

100 Jahre Familie Etschel – Im Dienste der Wasserwirtschaft