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Die vielfältigen Produkt- und Dienstleistungsangebote werden wieder viele Branchenfachleute nach München lotsen. © Messe München GmbH
28. September 2022

bauma 2022: Bauverfahren und -maschinen für die Herausforderungen unserer Zeit

Klimawandel, endliche natürliche Ressourcen, Fachkräftemangel: Auch die weltweite Baumaschinenbranche muss sich den großen Problemen der Gegenwart stellen. Moderne Bauverfahren und -materialien können hier Teil der Lösung sein. Einen umfassenden Überblick über den State-of-the-Art und die großen Entwicklungslinien in diesem Bereich liefert die im Dreijahrestakt in München stattfindende bauma, diesmal vom 24. bis 30. Oktober 2022. Die weltweit führende Branchenveranstaltung für Baumaschinen, Baustoffmaschinen, Bergbaumaschinen, Baufahrzeuge und Baugeräte ist mit einer Gesamtausstellungsfläche von 614.000 Quadratmetern die größte Messe der Welt. Im Jahr 2019 brach sie mit rund 3.700 Ausstellern aus 63 Ländern sowie über 620.000 Besuchern aus mehr als 200 Ländern alle früheren Rekorde.

 

Baustoffe und Ressourcenschonung

Der Abbau und die Verarbeitung von Baustoffen, der Bauprozess an sich, die Instandhaltung sowie der Abbruch von Gebäuden und Infrastrukturbauten sind mit hohen Kohlendioxid-Emissionen verbunden. So ist zum Beispiel Zement für 8 % des weltweiten Ausstoßes des klimaschädlichen Gases verantwortlich. Die britische Denkfabrik Chatham House fand dafür folgendes Bild: Wäre die Zementindustrie ein Land, wäre sie nach China und den USA der drittgrößte CO2-Emittent der Welt. Nur ein Drittel davon resultiert aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle oder Petrolkoks, der größte Teil wird durch die prozessbedingte Zersetzung von Kalkstein freigesetzt.

„Wenn man hier etwas signifikant verbessern will, müssen grundlegende technologische Änderungen stattfinden“, sagt Christoph Danner, Referent für Baumaschinen und Baustoffanlagen beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA). Eine Option mit hohem Potenzial ist nach seiner Einschätzung die Abscheidung von CO2 und dessen anschließende Nutzung (engl. Carbon Capture and Utilization, CCU) beziehungsweise dessen sichere und dauerhafte Speicherung in tiefliegenden geologischen Gesteinsschichten (engl. Carbon Capture and Storage, CCS). „Auf diesem Weg könnten 95 % des in der Zementherstellung entstehenden Kohlendioxids abgefangen werden“, berichtet Danner. Die erste CO2-Abscheideanlage für die Zementproduktion in Deutschland entsteht derzeit in Rohrdorf. Sie wird laut Plan bis Ende Juni 2022 in Betrieb gehen und dann täglich zwei Tonnen Kohlendioxid abscheiden, die anschließend von der regionalen chemischen Industrie eingesetzt werden sollen.

Neben Maßnahmen zum Klimaschutz ist die Bauwirtschaft auch zu einem zukünftig sparsameren Umgang mit den endlichen Rohstoffen aufgerufen. So ist in den letzten Jahren zum Beispiel Sand als das meistverwendete, aber zunehmend knappe Material der Erde mehr und mehr in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Ein Ansatz zur Ressourcenschonung ist, Abbruchmaterialien mit moderner Brech- und Siebtechnik direkt an der Anfallstelle so zu verarbeiten, dass sie an Ort und Stelle für neue Bauvorhaben eingesetzt werden können. „Das entlastet nicht nur die natürlichen Lagerstätten, sondern vermeidet in hohem Maße auch Transporte, Treibhausgasemissionen sowie Lärm und Luftverschmutzung in dicht besiedelten Stadtgebieten“, betont Alexandre Marchetta, der Präsident des Komitees für europäische Baumaschinen (CECE, Brüssel).

 

Moderne Technologien machen Bauberufe attraktiver

Als weitere Herausforderung erfordert der weltweite Bauboom einen Produktivitätsschub. „Angesichts des Fachkräftemangels kann dieser nicht länger allein durch ‚mehr Menschen‘ erreicht werden“, ist sich Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e. V., sicher. Stattdessen sollten digitale Arbeitsmethoden, innovative Produkte und Maschinen sowie die Möglichkeiten industrieller und zunehmend auch KI-unterstützter Prozesse verstärkt in den Mittelpunkt rücken. „Themen, die wiederum Begeisterung bei jungen Menschen auslösen und neben der Produktivität auch die Branchenattraktivität steigern würden“, so Müller. Hier spielt nach seiner Auffassung auch die moderne Baumaschinentechnik eine bedeutende Rolle. „Schon heute merken wir an den steigenden Zahlen der Auszubildenden, dass zum Beispiel das Berufsbild des Baumaschinenführers oder der Baumaschinenführerin wieder deutlich an Attraktivität gewinnt. Das hat viel damit zu tun, dass der Arbeitsplatz in der Fahrerkabine in den letzten Jahren immer digitaler, aber auch komfortabler geworden ist“, berichtet der Branchenexperte.

 

Weniger, aber hochqualifiziertes Personal

Parallel dazu verfolgt die Baumaschinenindustrie das Ziel, mit weniger Fachkräften genauso viel oder sogar mehr zu bauen wie bisher. „Möglichkeiten dazu bieten das Serielle Bauen und der 3D-Betondruck“ schildert der VDMA-Experte Danner und fährt fort: „Beim Seriellen Bauen als seit vielen Jahren etablierten Verfahren führen industriell weitgehend vorgefertigte Bauprodukte zu einem niedrigeren Personalbedarf vor Ort auf der Baustelle. Einen ähnlichen Effekt verspricht auch die nach und nach Marktreife gewinnende Additive Fertigung. Hier sorgt der Einsatz von Druckrobotern für Personaleinsparungen.“

 

Bauweisen und Materialien

„Bauweisen und Materialien von morgen“ heißt auch eines der Leithemen der bauma. Bei der weltweit führenden Messe für Baumaschinen, Baustoffmaschinen, Bergbaumaschinen, Baufahrzeuge und Baugeräte, werden zum einen die hierbei marktbestimmenden Unternehmen auf den Ständen ihre neuen Lösungen präsentieren. Zum anderen besteht im bauma Forum die Möglichkeit, die aktuellen Trends zu diskutieren. Vom modernen Bohrgerät oder die optimierte Aufbereitung von Bauabfällen bis hin etwa zum Thema Arbeitssicherheit sind alle im Baubereich relevanten Produktgruppen auf der bauma präsent.

 

Emissionsfreies Arbeiten

Um im Sinne des Klimaschutzes Treibhausgasemissionen zu reduzieren, werden immer mehr Baumaschinen und -fahrzeuge mit elektrischem Antrieb entwickelt. Weitere Vorteile befeuern diesen Trend. So sind E-Motoren geräuscharm, was sie für Arbeiten an lärmsensiblen Orten empfiehlt – beispielsweise in der Nachbarschaft zu Krankenhäusern oder auf innerstädtischen Baustellen. Ferner schützen sie die Bedienerinnen und Bediener wie auch die Umgebung vor lokalen Abgasen. So sind viele Arbeitsschritte auch in gering belüfteter Umgebung problemlos möglich. Ein weiterer Pluspunkt: Elektromotoren gelten als wartungsarm und effizient. Damit sorgen sie für niedrige Betriebs- und Energiekosten. Folgerichtig ist „Der Weg zur Null-Emission“ auch eines der Leitthemen der diesjährigen bauma. Schon jetzt haben etliche Aussteller für die Schau brandneue E-Lösungen angekündigt. Alle wesentlichen ansätze sind auf der bauma zu Begutachten – vom vollelektrischen Kompaktlader bis hin zum Betonmischer mit 100 % E-Antrieb.

 

Digitalisierung auf Baustellen

Zur inhaltlichen Vorbereitung auf die bauma 2022 beleuchtete die Webinarreihe bauma TALK bereits die Leitthemen der Baumaschinenmesse. Die jüngste Vortrags- und Diskussionsveranstaltung am 24. Mai widmete sich der Digitalisierung auf Baustellen. Dabei wurde deutlich, welch hohe Bedeutung schon heute Maschinendaten für effizientes Bauen haben – für eine vorausschauende Wartung, für einen reibungslosen Ablauf von Transport und Logistik sowie für viele weitere Prozesse auf den Baustellen. Alexander Mozer, Teamleiter Maschinendigitalisierung des großen deutschen Bauunternehmens LEONHARD WEISS, zählte beispielhaft auf: „Vor dem Hintergrund der CO2-Emissionen kann uns die Telematik wichtige Informationen über den Treibstoffverbrauch jeder Maschine liefern. Digitale Positionsangaben helfen, Suchzeiten zu reduzieren und automatisch erfasste Betriebsstunden sind ein wichtiger Parameter für die Wartungsplanung und Abrechnung.“ Allerdings erschweren je nach Hersteller unterschiedliche Schnittstellen, Erfassungsgenauigkeiten und -intervalle sowie Dateninterpretationen die Einbindung und das Management, wie Mozer erläuterte: „Schon das Hinzufügen oder Löschen einer Maschine im System kann hier sehr zeitaufwändig werden.“ Gleiches gelte für das Sicherstellen des Datenschutzes.

Um die zugrundeliegenden Hürden bei der Standardisierung zu überwinden, gründeten der VDMA und der Hauptverband der deutschen Bauindustrie (HDB) auf der bauma 2019 die Arbeitsgemeinschaft „Machines in Construction 4.0“ (MiC 4.0). „Unser Ziel ist es, eine einheitliche, herstellerübergreifende und maschinenunabhängige Kommunikation rund um den Bauprozess zu entwickeln“, sagte Michael Tonke, Vorstandsmitglied im Ausschuss für Baumaschinentechnik und Baulogistik des HDB. Aktuell arbeiten 105 Mitglieder aus sieben Nationen in 31 Arbeitsgruppen an den diversen Teilaspekten von MiC 4.0. Am MiC 4.0-Stand in der Innovationshalle LAB0 wird ein Demonstrator der neuen Schnittstelle in Aktion zu sehen sein.

 

Umfangreiches Rahmenprogramm

Zu den Stärken der Weltleitmesse zählt auch ihr facettenreiches Rahmenprogramm. Bei diesem präsentieren etablierte Unternehmen, Startups, Verbände und Forschungseinrichtungen wegweisende Lösungen und diskutieren die großen aktuellen Trends der Branche.

 

bauma FORUM

In diesem Jahr gibt es für den Wissenstransfer mit der Innovationshalle bauma LAB0 einen neuen zentralen Ort. So wird hier zum Beispiel das bauma FORUM mit Vorträgen, Präsentationen und Podiumsdiskussionen platziert sein. Jeden Messetag widmet sich das Forenprogramm einem anderen der fünf Leitthemen der bauma. Diese reichen von „Bauweisen und Materialien von morgen“ über „Bergbau – nachhaltig, effizient und zuverlässig“ bis zu „Der Weg zur Null-Emission“.

Am 24. Oktober werden im Forum außerdem die Gewinner aus den fünf Kategorien des bauma Innovationspreises 2022 vorgestellt. Mit dem Preis würdigen der VDMA, die Messe München und die Spitzenverbände der deutschen Bauwirtschaft Forschungs- und Entwicklungsteams von Unternehmen und Hochschulen, die praxistaugliche Spitzentechnik für die Bau-, Baustoff- und Miningindustrie zur Markreife bringen. Die Preisträger haben dabei Ressourcen, Umwelt und Menschen gleichermaßen im Blick.

 

Science Hub und Startup Area

In unmittelbarer Nähe zum Forum befindet sich der Science Hub. In diesem Bereich informieren zehn Hochschulen und wissenschaftliche Institute über den neuesten Stand ihrer Forschung. Auch hier dienen die fünf Leitthemen als Strukturgeber. Ein weiteres Segment der Innovationshalle im Internationalen Congress Center München (ICM) ist die neu ins Leben gerufene Startup Area, in der sich zukunftsträchtige Nachwuchsunternehmen der Fachöffentlichkeit vorstellen können.

 

Virtual Reality

Als weiterer Besuchermagnet hat sich bereits 2019 die VR Experience bewiesen. Zur bauma 2022 wird diese mit einer thematischen Neuausrichtung die Digitalisierung von Baustellen fokussieren. Besucher der VR-Experience können hier in die Baustelle von heute und morgen eintauchen und das Interagieren zwischen Mensch und Maschine im digitalen Raum persönlich erleben. Die bauma VR Experience wird auch in diesem Jahr Teil der Innovationshalle LAB0 sein.

 

Berufsperspektiven für junge Menschen

THINK BIG! – eine Initiative des VDMA und der Messe München – richtet sich vor allem an Schülerinnen und Schüler. Firmen präsentieren im ICM „Technik zum Anfassen“ mit einer großen Werkstatt-Show, Mitmach-Aktionen, Spielen und Informationen rund um eine berufliche Zukunft in der Branche.

Weitere Informationen:

www.bauma.de

www.messe-muenchen.de