Schleswig-Holstein Netz (SH Netz) wird im Sommer 2024 zwei neue Seekabel vom Festland nach Föhr sowie ein neues Seekabel zwischen Oland und Langeneß verlegen, damit die Versorgungssicherheit der Insulaner und Halliglüüd mit Strom auch für die nächsten Jahrzehnte gesichert ist. Mitte Juli wurde der erste Meilenstein erreicht: Beide Bohrungen samt Einzug der Schutzrohre für die zwei neuen Seekabel mit Startgrube in unmittelbarer Nähe des Umspannwerks am Ende des Geesingwegs auf Föhr wurden erfolgreich abgeschlossen. „Die Verlegung von Seekabeln ist hochspannend und herausfordernd zugleich. Wir haben die Verantwortung für die Versorgungssicherheit gepaart mit der Verantwortung für das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer und ein Großteil der Arbeiten ist gezeitenabhängig. Das schafft man nur im Team“, sagt Dirk Leiseder, Projektleiter von SH Netz.
Bohrarbeiten
Die beiden rund 520 m langen Bohrungen wurden im sogenannten Horizontalspülbohr-Verfahren durchgeführt. Dabei wird der Bohrkopf mit einem Stahlgestänge Stück für Stück mit jeweils 4,5 m langen Stangen vorangetrieben, welche die Bohranlage vollautomatisch nachlädt, bis der Bohrkopf an seinem Bestimmungsort rund 300 m hinterm Deich im Watt angekommen ist. „Um sicherzustellen, dass die Bohrung den gewünschten Verlauf nimmt, läuft unser Bohrmeister mit einem Messgerät oberhalb des Bohrkopfs durchs Watt. Er steht mit dem Maschinenführer per Funk in Kontakt, um die Steuerkommandos durchzugeben und gegebenenfalls Korrekturanweisungen zu geben“, erklärt Tobias Kock, Projektleiter der von SH Netz beauftragten Spezialfirma Thomsen Bohrtechnik GmbH & Co. KG.
Vorbereitungsarbeiten und Schutzrohreinzug
Nach der Pilotbohrung wurde der Bohrkanal mit einem sogenannten Räumer auf einen Durchmesser von 350 mm aufgeweitet. Beim sogenannten Pushen, dem Tag vor dem Rohreinzug, wurde der Bohrkopf wieder die rund 520 m Richtung Zielseite geführt. Rund um die Zielgrube im Watt wurde ein Stahlgerüst mit Spundwänden aufgebaut sowie ein sogenanntes Casingrohr ins Bohrloch eingebracht, damit die beim Bohren verwendete Bohrspülung nicht ins Meer entweichen kann. In Dagebüll am Hafen wurden bereits seit dem 22. Mai 2023 die jeweils 12 m langen Schutzrohre aus Polyethylen mit einem Durchmesser von 250 mm zum finalen Rohrstrang zusammengeschweißt und auf eine Rohrtrommel mit 15 m Durchmesser aufgespult. Die Rohrtrommel wurde per Kran auf das Spezialschiff MS Catjan verladen, die sich bei Hochwasser auf den Weg zur Zielgrube machte und sich trockenfallen ließ.
Am noch offenen Ende des Schutzrohrs wurde auf der MS Catjan ein sogenannter Ziehkopf befestigt und bei Niedrigwasser per Bagger zum Bohrkopf geführt und an diesen mit einem Drehschäkel montiert wurde. „Die Prime Drilling-Bohranlage kann bis zu 45 Tonnen Last ziehen, doch für die Schutzrohre waren in Spitze nur bis zu neun Tonnen erforderlich. Insgesamt hat das Einziehen des Schutzrohrs knapp vier Stunden gedauert“, informiert Kock. Hinterm Deich angekommen, wurde das Schutzrohr mit einer Schweißkappe verschlossen. Im nächsten Sommer werden die neuen Seekabel dann in die beiden Schutzrohre eingezogen und anschließend ans Stromnetz angeschlossen.
Umweltaspekte
„Im UNSECO-Weltnaturerbe Wattenmeer herrschen strenge Umwelt- und Naturschutzvorgaben, die uns die Arbeiten aufgrund von Brutzeiten nur von Mitte April bis Ende September erlauben. Daher finden in diesem Sommer die Bohrungen und erst im nächsten Sommer die Verlegung der Seekabel statt. Die Firma GFN begleitet als Umweltbaubegleitung alle Arbeiten.
Als Bohrspülung wird Bentonit verwendet, ein Mineral, das mit Wasser vermischt wird. Die Flüssigkeit wird sowohl in der Start- als auch in der Zielgrube aufgefangen und abgepumpt. Beim Recyceln wird die Bohrspülung von den im Boden gelösten Cuttings, den beim Horizontalspülbohr-Verfahren abgebauten und mit der Bohrspülung ausgetragenen Erdpartikeln, getrennt. Die Bohrspülung wird daraufhin wieder verwendet und die Cuttings werden, wie die verbleibende Restspülung, einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt.