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5. Oktober 2017

DEC 2017: Umgang mit Druckleitungen – abwarten oder aktiv werden?

Alte Druckleitungen? Lieber nicht anfassen! Nach dieser Devise handeln viele Abwassernetzbetreiber. Doch wenn wirklich etwas passiert, wird es unangenehm und oft richtig teuer. Beim DruckEntwässerungsCongress – DEC 2017 berichtete Dipl.-Ing. Paul Leikam, wie man es in Neuburg an der Donau mal anders gemacht hat.

Bei ihren Abwasserdruckleitungen fahren viele Netzbetreiber die Feuerwehrstrategie. Erst ausrücken, wenn’s brennt. Das ist eigentlich auch das übliche Vorgehen in Neuburg an der Donau, gestand Leikam ein, der bis zu seiner Pensionierung vor ein paar Monaten Amtsleiter der Tiefbauverwaltung in Neuburg war. Saniert wird nur im Ausnahmefall bei Schäden oder bei gemeinsamen Neubaumaßnahmen mit Vorhaben Dritter. Ansonsten heißt die Devise: abwarten.

Inspektion unter Zeitdruck
Bei einer 3.000 m lange Druckleitung DN 300 aus duktilem Guss, Baujahr Mitte der 1960er-Jahre, fühlten sich die Neuburger aber nicht so recht wohl und wollten es nicht drauf ankommen lassen. Sie wollten es wissen. Nach langen Überlegungen kristallisierte sich ein mögliches Verfahren zur Inspektion heraus: Die Leitung lässt sich für maximal drei bis vier Stunden außer Betrieb nehmen. Wenn man also schnell ist, kann man in dieser Zeit das Rohr leerlaufen lassen, hochdruckreinigen und es zumindest an ausgewählten Stellen mit der TV-Kamera inspizieren. Leider ergaben die Untersuchungen laut Leikam widersprüchliche Ergebnisse, der Zustand der Leitung konnte nicht bewertet werden. Also wartete man in Neuburg doch wieder ab.

Pumpwerksumbau als günstige Gelegenheit
In diesem Fall aber nur bis zum geplanten Umbau des Pumpwerks. Dank einer provisorischen Druckleitung konnte man die alte Leitung mehrere Monate lang außer Betrieb nehmen um sie sich genauer anzuschauen. Die Reinigung der Druckleitung mittels Kettenschleuder und die anschließende optische Inspektion führten allerdings auch zu keinen neuen Erkenntnissen hinsichtlich des Bauzustands.

Rohr-Check mit Wirbelstrom
Auf der Suche nach einer geeigneten Untersuchungsmethode erhielt Leikam bei einer benachbarten Erdölraffinerie den entscheidenden Hinweis: Eine zerstörungsfreie Wandstärkenmessung sei mit der Wirbelstrom-Technologie möglich. Die Roboter können sogar bei Wasserfüllung und aufgrund einer besonderen Klettertechnik auch in Bögen und Steigungen arbeiten. Für den Einsatz sind allerdings begehbare Schächte nötig. Nicht ganz einfach bei einer Leitung aus den 1960ern. Aber an einigen Stellen kam man rein.

40.000 statt 5 Millionen
Die Ergebnisse der Untersuchung ließen aufatmen. Korrosionsschäden waren nur punktuell vorhanden, Statik und Druckbelastbarkeit noch nicht beeinträchtigt. Die Leitung wird nun komplett gereinigt und in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Außerdem werden neue Zugangsmöglichkeiten für die Reinigungs- und Robotertechnik geschaffen. Gesamtkosten für die Untersuchung und die Anpassungen: 40.000 Euro. Eine Inliner-Sanierung hätte 600.000 bis 700.000 Euro gekostet, ein Neubau vier bis fünf Millionen Euro verschlungen. Und ein amtliches Verkehrschaos verursacht. In Neuburg ist man froh, dass man nicht einfach abgewartet hat.

Der nächste DruckEntwässerungsCongress findet in zwei Jahren statt. Den genauen Termin erfahren Sie rechtzeitig auf www.ikt.de

Quelle:
www.ikt.de/blog/dec-2017-umgang-mit-druckleitungen-abwarten-oder-aktiv-werden/