Suche
Drei Bochumer Institutionen – die Hochschule, die Ruhr-Universität und das Internationale Geothermiezentrum
6. Februar 2018

Fernwärme durch Tiefengeothermie

Es ist eine Jahrhundertaufgabe, die da auf das Land Nordrhein-Westfalen zukommt und schnellstens angegangen werden muss: die mit dem Ausstieg aus der Verbrennung von Kohle verbundene Umstellung der Wärmeversorgung nicht zuletzt auf erneuerbare Energien. Diese Feststellung hat NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart bei seinem Besuch an der Hochschule Bochum nicht überrascht. Sachkundig verfolgte er im Beisein des Präsidiums der Hochschule die Ausführungen des Leiters des Internationalen Geothermiezentrums, Prof. Dr. Rolf Bracke.

Ein Umstand, der von Öffentlichkeit und Politik lange nicht angemessen wahrgenommen wurde, sei, so Prof. Bracke, dass beim Energiebedarf in Deutschland der größte Teil – fast 56 % – für Wärme benötigt werde, deutlich angeführt von Nordrhein-Westfalen. Dass dabei vor allem die Rhein-Ruhr-Region mit dem größten Fernwärmenetz Europas derzeit noch weitgehend auf Abwärmenutzung aus der Kohleverbrennung angewiesen sei, bedeute ein erhebliches Problem; insbesondere wenn die vielen Kohlekraftwerke aus Klimaschutzgründen zukünftig schrittweise vom Netz gehen werden.

Der Großraum um München zeige, so Erdwärme-Experte Bracke, wie es auch anders gehen könne. Dort wird derzeit das städtische Fernwärmenetz vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt, mit dem Schwerpunkt Geothermie. Die Stadt will bis 2030 die erste europäische Großstadt mit grüner Fernwärme sein. Erdwärme wird in München aus Tiefen bis zu 4.500 m gefördert.

Für eine Konversion (Umstellung) der Fernwärmesysteme in der Region Rhein-Ruhr setzt das Internationale Geothermiezentrum in Bochum ebenfalls auf Tiefengeothermie. Das Bund-/Länder- Projekt „TRUDI (Tief-runter-unter-die-Ruhr)“ soll praktisch erproben, ob und wie die Erschließung der Tiefengeothermie im Ruhrgebiet möglich ist. Dazu sollen Forschungsbohrungen zunächst bis 1.500 m Tiefe in den Untergrunderfolgen, von denen aus tiefergehende, geophysikalische Untersuchungen der Gesteine bis 5.000 m geplant sind. Dort werden Temperaturen von 170 °C erwartet. In der ersten TRUDI-Phase soll allerdings zunächst in 1.500 m Tiefe die Zirkulation von Thermalwasser mit 55 °C und die Nutzung des Untergrunds als Wärmespeicher getestet werden. Hierfür kommen industrielle oder solare Überschusswärme in den Sommermonaten in Betracht.

Damit wird das im Untergrund befindliche Thermalwasser weiter künstlich erwärmt. Bracke: „Bei der Umstellung von Energiesystemen kommt – wie schon beim Strom – auch bei der Wärme der Speicherung eine zentrale Bedeutung zu. Das Ruhrgebiet verfügt dazu mit dem Grubenwasser in den ehemaligen Zechen über exzellente Randbedingungen.“ Im Winter könne die gespeicherte Wärme dann mittels Großwärmepumpen wieder in die Wärmenetze eingespeist werden. Und tiefe Löcher bohren kann man im Ruhrgebiet: Zur Aufsuchung der Kohle wurde in den vergangenen Jahrzehnten je 0,8 km² der Metropole eine Bohrung auf über 1.000 m Tiefe niedergebracht. Die erste Phase von TRUDI soll ca. 40 Mio. Euro kosten; insgesamt wird das TRUDI-Pilotprojekt zur Umstellung der Fernwärme an Rhein und Ruhr (2018-2027) auf 110 Mio. Euro geschätzt.

Weitere Informationen
www.geothermie-zentrum.de